Mit digitalen Tools Gesellschaft gestalten #1 - Interview mit jugend hackt

von Jasmin am 23.01.18
CC-BY-4.0, OKF DE, Foto: Leonard Wolf

Mit den Demokratielaboren wollen wir Jugendliche dazu ermutigen, sich mit Hilfe von digitalen Kompetenzen und Technologien selbstbestimmt und aktiv an gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen. In Zeiten von Hate Speech, Fake News und Populismus ist es aber oft gar nicht so leicht, das Internet als positiven Raum zur Gestaltung zu nutzen. Wie können Jugendliche mit Hilfe von Technologien selbstwirksam werden und sich beteiligen? Dazu sprechen wir jeden Monat mit Expert/innen aus digitalen Projekten für und mit jungen Menschen. In unserem ersten Interview: Tanja Zagel, Projektleiterin bei jugend hackt, einem gemeinnützigen Förderprogramm für junge Programmierer/innen.

Demokratielabore: Was ist die Idee von jugend hackt und an wen richtet sich das Programm?

Tanja Zagel: Das Motto von Jugend hackt ist: “Mit Code die Welt verbessern”. Wir bringen jugendliche Programmiererinnen und Programmierer zusammen. Bei den Events von Jugend hackt können sie in Teams ihre eigenen Coding-Projekte und Bastel-Ideen in die Tat umsetzen. Wir schaffen Möglichkeiten für IT-begeisterte Jugendliche, um Gleichgesinnte zu treffen und sich als Teil einer Community zu fühlen.Außerdem gibt es unsere „Helllo World“-Workshops, wo Einsteiger*innen ins Programmieren reinschnuppern können. Wichtig ist, dass es bei Jugend hackt nie nur um IT und Technik geht. Wir gehen einen entscheidenden Schritt weiter: Es geht um gesellschaftliche Verantwortung. Darum, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, welche Gestaltungsmöglichkeiten und damit auch Verantwortung im Coding stecken. Das erreichen wir, indem wir aktuelle gesellschaftliche Fragen als Motto über unsere Events setzen. 2017 war das „echt oder falsch>?“ und im Jahr davor „Grenzen im Kopf“. Außerdem gibt es bei den Events ein Programm aus Impulsvorträgen zum Beispiel zu „digitalen Bürgerrechten“, „Open Data“ und noch vielen anderen spannenden Themen.

Welche Rolle spielen Technologien und Digitalität bei der Selbstermächtigung von Jugendlichen?

Es geht darum, die Technik zu durchschauen und für die eigenen Anliegen zu nutzen. Dafür ist es hilfreich, ein Grundverständnis für Technik und Informatik zu entwickeln. Dabei geht es nicht unbedingt darum, Programmieren zu lernen. Wichtig ist, dass Jugendliche erkennen, dass Geräte und Programme von Menschen gemacht werden – und zwar unter bestimmten Voraussetzungen: Social Media Plattformen werden so gestaltet, dass sich mit den Daten der Nutzer*innen Geld verdienen lässt. Algorithmen müssen bestimmten Logiken folgen und sind deshalb nur scheinbar objektiv. Auf der anderen Seite ist es auch wichtig, dass Jugendliche sich zuerst klar machen, was ihnen selbst besonders wichtig ist und sie dann Software und Geräte entsprechend einsetzen. Welche Chat-App will ich benutzen und gibt es vielleicht auch eine, die weniger Daten über mich sammelt? Mich stört der Krach vorm Fenster bei den Hausaufgaben, kann ich den Lärmpegel messen? Will ich über bestimmte Fragen an meiner Schule oder in meiner Jugendgruppe mitentscheiden und wie kann ich digitale Technologien für so ein Mitbestimmungs-Vorhaben nutzen?

Wie helfen gerade digitale Tools jungen Menschen dabei sich in gesellschaftliche Fragen einzumischen und sich zu beteiligen? Welche Vorteile gibt es gegenüber analogen Methoden?

Mit digitalen Tools kommen Jugendlichen schnell und einfach an Informationen, können sich vernetzen, Informationen austauschen und auch online zusammenarbeiten, also beispielsweise gemeinsam an Texten arbeiten. Digitale Methoden sind meistens sehr viel unabhängiger von Ort, Zeit und Budget. Das heißt, eine Gruppe von Jugendlichen, die sich beispielsweise für besseren Umweltschutz in ihrem Landkreis einsetzen will und dafür Argumente sammeln, Bürger*innen informieren und einen Aktion planen möchte, muss nicht für jeden Arbeitsschritt einen Termin finden, an dem alle Zeit haben und dann mit Bus und Bahn zu einem bestimmten Treffpunkt fahren. Sie können zeitversetzt an Texten arbeiten, ihre Argumente online veröffentlichen und ihre Aktion mit digitalen Hilfsmitteln organisieren.

Warum ist es deiner Meinung nach wichtig, dass Jugendliche mehr gehört werden und sich einmischen?

Jugendliche denken freier. Jugendliche sind demographisch gesehen immer mehr in der Unterzahl. Aber wie soll sich eine Gesellschaft nach vorn entwickeln, wenn Diskussionen und Entscheidungen nur von alten Menschen geprägt werden? Wer neue Lösungen will, wer eine demokratische Gesellschaft will, in der Menschen mitdenken und mitmachen, statt in „da kann man ja eh nichts machen“-Denken zu versumpfen, der muss Jugendlichen zuhören und Einmischung fördern. Ich glaube, die Ideen und der Mut von Jugendlichen sind etwas, das unsere Gesellschaft ganz dringend braucht.